Die Rolle von KI bei strategischen Marketingentscheidungen

Künstliche Intelligenz (KI) wird bereits heute vielfältig im Marketing eingesetzt, in der Regel auf operativer Ebene. Mit der Weiterentwicklung der Technologie stellt sich die Frage: Steht KI auch vor dem Sprung zur strategischen Entscheidungsebene?

Ob personalisierte Produktempfehlungen, Chatbots im Kundenservice oder Stimmungsanalysen in sozialen Medien, die Anwendungen von künstlicher Intelligenz im Marketing sind bereits heute vielfältig. Zahlreiche Aufgaben und Entscheidungen auf der operativen Ebene können bereits durch KI-Tools automatisiert werden. Entwicklungen wie steigende Rechenkapazitäten und Fortschritte im Bereich des maschinellen Lernens verbessern zudem stetig die Fähigkeiten intelligenter Maschinen. Die Folge: KI wird für immer komplexere Fragestellungen einsetzbar. Dies könnte auch verändern, wie strategische Entscheidungen getroffen werden. Gemeint sind jene Entscheidungen, die langfristig und nur schwer revidierbar und zudem oftmals auf einer kleinen oder undurchsichtigen Datenbasis getroffen werden müssen. In Wissenschaft und Praxis wird zunehmend die Auffassung vertreten, KI habe das Potenzial, Marketing Professionals auch bei der Entscheidungsfindung auf strategischer Ebene zu unterstützen, sie hierbei zu ergänzen oder sogar zu ersetzen.

• 56 % der Unternehmen haben bereits Anwendungsfälle von KI in strategischen Marketingentscheidungen.
• Managerinnen und Manager sind überwiegend offen für hybride Entscheidungsprozesse, in denen sie gemeinsam mit intelligenten Maschinen Entscheidungen treffen. Sie möchten jedoch die Kontrolle behalten.
• Es gibt eine Vielzahl an Hindernissen, die eine zügige Implementierung von KI in strategischen Marketingentscheidungen verhindert oder zumindest erschwert.

Bislang fehlten detaillierte Erkenntnisse darüber, ob und wie Menschen und intelligente Maschinen bereits heute beim Treffen strategischer Marketingentscheidungen zusammenarbeiten, und es sind viele Fragen offen: Welche Rolle spielen intelligente Maschinen auf der strategischen Entscheidungsebene? Welche Wünsche und Präferenzen haben Marketing Professionals in Bezug auf die zukünftige Entwicklung und sind sie bereit, ihre Entscheidungsgewalt mit Maschinen zu teilen oder diese gar abzugeben? Welche Hindernisse sehen sie dabei, KI auf die strategische Entscheidungsebene zu heben? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, hat das NIM 500 hochrangige Führungskräfte aus Unternehmen der „Forbes Global 2000“-Liste (C-Suite oder Direct Reports) mit Bezug zu Marketing und Strategie im Rahmen einer standardisierten Befragungsstudie telefonisch (CATI) befragt.

Für die meisten Befragten war KI in strategischen Entscheidungen nichts komplett Unbekanntes: 56 % der Führungskräfte geben an, dass es in ihren Unternehmen bereits entsprechende Anwendungsfälle gibt (83 % geben an, die Technologie bereits auf der operativen Marketingebene einzusetzen). Es zeigt sich: Managerinnen und Manager sind grundsätzlich offen für die Zusammenarbeit mit intelligenten Maschinen, sie wollen aber die Oberhand behalten. So sind die Befragten bereit, KI in strategische Entscheidungsprozesse im Marketing einzubeziehen, und würden intelligenten Algorithmen in Zukunft durchschnittlich gerne 43 % Gewicht geben, wobei wiederum folglich 57 % bei menschlichen Entscheidungsträgern verbleiben sollten.

Der größte Teil der Befragten beschreibt die KI aktuell als „Assistant“, der bestimmte entscheidungsunterstützende Aufgaben übernimmt. Für die Zukunft wünschen sich 46 % die KI in der Rolle eines „Collaborators“, der bestimmte Teile des Entscheidungsprozesses selbst steuert und in ständiger Interaktion mit den menschlichen Entscheidungsträgern steht. Der Mensch behält auch in dieser Konstellation die Kontrolle über den Gesamtprozess.

Allerdings gibt es auch Hindernisse, die eine zügige Implementierung von KI in strategischen Entscheidungen im Marketing verhindern oder zumindest erschweren. Die Art der Hindernisse hängt von der Erfahrung mit KI und der Anzahl der Anwendungsfälle des Unternehmens ab. Unternehmen mit wenig KI-Erfahrung sehen die größten Hindernisse vor allem in unzureichenden Budgets, einer abwehrenden Haltung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dem Fehlen der richtigen technologischen Infrastruktur, einem Mangel an Know-how innerhalb des Unternehmens und einem Mangel an Fachkräften. Auch KI-Pioniere sehen den letzten Punkt als Hürde. Die größten Herausforderungen liegen für diese Unternehmen jedoch in datenbezogenen Fragen wie etwa dem Umgang mit einer unzureichenden Datenbasis, mangelnder Transparenz von Algorithmen und Problemen bei der Standardisierung komplexer strategischer Entscheidungen.

Die Mehrheit der in der Studie befragten Top-Entscheiderinnen und -Entscheider blickt positiv in die Zukunft. Sie glaubt, dass KI einen positiven Einfluss auf ihren Geschäftsbereich haben wird. Sie geht ferner davon aus, dass sich die technischen Möglichkeiten von KI erheblich weiterentwickeln und dass KI eine immer größere Rolle bei der Gestaltung der Geschäfts- und Marketingstrategie spielen wird. Unternehmen sollten sich mit diesen Entwicklungen auseinandersetzen, um für eine Zukunft gewappnet zu sein, in der Menschen und Algorithmen „mit vereinten Kräften“ zusammenarbeiten.

• “The Role of AI in Strategic Marketing Decision-Making: How Will Managers Collaborate with Smart Machines - Today and Tomorrow?”, ISMS Marketing Science Conference, 16.–18.06.2022 (virtual) an der University of Chicago Booth School of Business
• “The Future of Strategic Decision-Making: What Will Human-Machine Collaboration Look Like on a Strategic Level?”, Advances in Decision Analysis Conference, 22. – 24.06.2022 (hybrid) an der Darden Business School, Washington DC Campus
• “Human-Machine-Collaboration in Strategic Business Decisions”, Exploring Next | APF Global Conference, 13. - 23.06.2022 (virtual)