Historie des GfK Konsumklimas

 

 

In der Gegenwart setzt sich die Erkenntnis immer mehr durch, dass der wirtschaftlich ausschlaggebende Faktor der Konsument im Sinne des letzten Verbrauchers ist. Von seiner Haltung, seinen Gewohnheiten und seinen Marktentscheidungen hängt zuletzt das Schicksal aller Produkte ab, die für den Markt, das heißt für den Verkauf, hergestellt worden sind.

Prof. Wilhelm Vershofen, Denkschrift 1934, zitiert nach: Bergler, Die Entwicklung der Verbraucherforschung in Deutschland, S. 81

 

Die Stimme des Verbrauchers: Gründungsidee der Gesellschaft für Konsumforschung e. V.

Die Gesellschaft für Konsumforschung e. V. (heute: Nürnberg Institut für Marktentscheidungen e. V. – NIM) wurde im Jahr 1934 durch Prof. Dr. Wilhelm Vershofen, Dr. Erich Schäfer und Dr. Ludwig Erhard mit dem Ziel gegründet, „die Stimme des Verbrauchers zum Klingen zu bringen“. Die seinerzeit an der Handelshochschule Nürnberg tätigen Gründer waren überzeugt, dass ein deutlich besseres Verständnis der Haltungen, Gewohnheiten, Bedarfe und Erwartungen der Konsumenten nötig war, damit die Mechanismen des Marktes die Nachfrage möglichst effektiv bedienen konnten.

Ein besseres und auf empirischen Daten statt auf bloßen Annahmen beruhendes Verständnis der Nachfrageseite des Marktes war nach Überzeugung von Wilhelm Vershofen und seinen Kollegen im Interesse aller Marktteilnehmer und der gesamten Gesellschaft. Dieses bessere Verständnis sollte durch die Durchführung von empirischen Studien und deren Auswertung zum Nutzen der Wissenschaft und der Praxis erreicht werden. Das erste Instrument, das hierfür entwickelt wurde, war eine „Kaufkraftkarte“, die erstmals verlässliche Daten über das Konsumpotenzial in hoher geografischer Auflösung durch 500 „Bezirke“ in Deutschland lieferte. Sie wurde in der Wirtschaftspraxis sehr gut aufgenommen, musste bei Kriegsbeginn aber zunächst als „Staatsgeheimnis“ in der Schublade verschwinden.

Mit dem Ziel, das Verbraucherverhalten besser zu verstehen, wurden auch fachliche Konzepte wie die „Nutzenerwartung“ und ein Transaktionsmodell zur Analyse von Kaufentscheidungen entwickelt. Außerdem wurden wichtige Grundsätze und Regeln der empirischen Befragung aufgestellt, um empirische Daten über das Konsumverhalten in einer neuen Quantität und Qualität zu erheben. Weiterhin wurde eine organisatorische und personelle Infrastruktur für die Durchführung umfangreicher repräsentativer Befragungen aufgebaut.

Schon in den ersten Jahren nach der Gründung wurden große Studien zu verschiedenen Bereichen des privaten Konsums durchgeführt, die mit bis zu 10 000 Verbraucherstimmen, inklusive wörtlicher Zitate, eine bis dahin nicht verfügbare Detailtiefe an Erkenntnissen erlaubten. Diese boten sowohl für die Wirtschaft als auch für die Wissenschaft wertvolle Einblicke in das Verbraucherverhalten. Insbesondere Vertreter der Wirtschaft engagierten sich zunehmend als Förderer und als Auftraggeber der Konsumforschung.

 

Die 1950er und 1960er Jahre: Soziale Marktwirtschaft und „Wohlstand für Alle“

Auch wenn die Grundzüge der sozialen Marktwirtschaft auf die „Freiburger Denkschrift“ von 1942 und Autoren wie Walter Eucken zurückgehen, so ist Dr. Ludwig Erhard, der als Architekt des Wirtschaftswunders gilt, mit diesem Begriff ganz besonders verbunden. Er sieht den Verbraucher dabei im Mittelpunkt als Motor der sozialen Marktwirtschaft: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einen Menschen gibt, der nicht immer neue Bedürfnisse hat.“ Auf der anderen Seite ist der Verbraucher für ihn auch der letztendliche Nutznießer des durch eine funktionierende soziale Marktwirtschaft erzeugten Wohlstands.

Das erfolgversprechendste Mittel zur Erreichung und Sicherung jeden Wohlstands ist der Wettbewerb. Er allein führt dazu, den wirtschaftlichen Fortschritt allen Menschen, im Besonderen in ihrer Funktion als Verbraucher, zugute kommen zu lassen, und alle Vorteile, die nicht unmittelbar aus höherer Leistung resultieren, zur Auflösung zu bringen.

Ludwig Erhard in: Wohlstand für Alle

Die Konsumstimmung der Verbraucher ist für den Erfolg der sozialen Marktwirtschaft ein zentraler Faktor, auch wenn sie erst in späteren Jahren systematisch und regelmäßig erhoben wurde.

 

1970er Jahre: Die Wurzeln des GfK Konsumklimas

Im Rahmen der Planungen für eine europäische Wirtschaftsordnung wurde klar, dass typischerweise jährlich erhobene Kaufkraftdaten als Indikator für konjunkturelle Entwicklungen nicht ausreichten, zumal die Kaufkraft noch nichts über den Konsumwillen aussagt. So wurden Konsumklimabefragungen in verschiedenen Ländern gestartet, u. a. in Deutschland und dem Vereinigten Königreich. Die Ursprünge der Befragungen zur Stimmung der Verbraucher in Deutschland reichen bis ins Jahr 1974. Bis 1979 wurden die Umfragen von GfK e. V., (heute NIM e. V.) dreimal jährlich durchgeführt und damit eine Zeitreihe gestartet, die bis heute fortgeführt wird. 

 

1980er Jahre: Einführung des Monatstaktes beim Konsumklima

Im Jahr 1980 erfolgte die Erhöhung des Befragungsrhythmus auf eine monatliche Taktung, so dass noch genauere Daten zu den Veränderungen des Konsumklimas über den Zeitverlauf verfügbar wurden und damit konjunkturelle Wendepunkte rechtzeitig erkannt werden konnten. Wirtschaft und Politik konnten somit noch schneller auf Anzeichen von Veränderungen in der privaten Konsumneigung reagieren.

 

1984: Übergang des Konsumklimas zur GfK GmbH

Seit der Gründung wurden durch GfK e. V. zwei Arten von Studien durchgeführt: Einerseits allgemeine Studien, die dem besseren Verständnis des Verbraucherverhaltens und der Konsumentscheidungen im weiteren Sinne dienten und die sich an die Wissenschaft und die Gesellschaft als Ganzes richteten. Andererseits wurde spezielle Auftragsforschung für einzelne Firmen durchgeführt. Diese Studien hatten sehr spezifische Fragestellungen zu Kundenbedarfen und Kundennutzen, mit dem Ziel der konkreten (Weiter)Entwicklung bestimmter Angebote und deren Positionierung im Markt. Die wachsende Bedeutung der zweiten Art von Studien, die speziell für einzelne Auftraggeber durchgeführt und von diesen finanziert wurden, machte 1984 eine Ausgliederung der kommerziellen Marktforschung in die hierzu neu gegründete GfK GmbH erforderlich. Dabei gingen auch die Befragungen zur Verbraucherstimmung in Deutschland zur neuen, kommerziellen Einheit der GfK über, die seit diesem Zeitpunkt diese Erhebungen durchführt. Die wissenschaftliche Forschung und die Studien zu allgemeinen und gesamtgesellschaftlichen Themen verblieben hingegen beim GfK e. V. als nichtkommerzielles Forschungsinstitut.

 

1990er Jahre: Ausdehnung des Konsumklimas auf die neuen Bundesländer und zusätzliche europäische Länder

Nach der deutschen Wiedervereinigung wurden die Erhebungen seit 1991 auf die neuen Bundesländer ausgeweitet. Das GfK Konsumklima gilt seitdem auch im wiedervereinigten Deutschland als wichtiger Indikator für das Konsumverhalten und als Wegweiser für die konjunkturelle Entwicklung. 

Die Europäische Kommission, die sich an der Finanzierung der Konsumklimabefragungen beteiligt, unterstützte in dieser Zeit auch den Start von Befragungen in weiteren EU-Ländern. Außerdem fungiert sie als Koordinator, um die Vergleichbarkeit der Erhebungen über die verschiedenen EU-Länder hinweg zu gewährleisten.

 

Seit 2023: GfK Konsumklima powered by NIM

In einer Zeit, in der das Konsumverhalten und die Zukunftserwartungen der Verbraucher zunehmend unter dem Einfluss verschiedener, sich überlappender Krisen stehen, wird die Frage, welche Gründe, Motive und Erwartungen den gemessenen Veränderungen der Verbraucherstimmung zugrunde liegen, für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft immer wichtiger.

Um dieser Frage durch zusätzliche Analysen und Daten auf den Grund zu gehen, wird das Konsumklima seit Oktober 2023 gemeinsam von GfK und dem Nürnberg Institut für Marktentscheidungen e. V. (NIM - ehemals GfK e. V. und Gründer der GfK) herausgegeben. Ziel der Kooperation ist, die Gründe hinter den Veränderungen des Konsumklimas noch besser zu verstehen und daraus zusätzliche Erkenntnisse für Markt und Gesellschaft abzuleiten.

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