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Zuwanderung verliert für Deutsche an Brisanz
Nürnberg, 25. August 2017 – „Zuwanderung und Integration“ bleibt auch 2017 das Topthema der deutschen Sorgenagenda. Im Vergleich zu 2016 verliert die Thematik aber mit einem Rückgang um 27 Prozentpunkte deutlich an Brisanz. Im Gegenzug werden andere Herausforderungen wie Armut, Renten und Kriminalität wieder dringlicher. Die langjährige Hauptsorge Arbeitslosigkeit bleibt unter den Top 5, stabilisiert sich aber auf einem historisch niedrigen Niveau. Dies zeigt die Studie „Challenges of Nations 2017“, für die mehr als 27.500 Menschen in 24 Ländern nach den dringendsten Herausforderungen in ihrem Land befragt wurden. Über alle Nationen hinweg betrachtet dominiert das Thema Arbeitslosigkeit das Sorgenranking.
Nachdem die Besorgnis über Zuwanderung und Integration im vergangenen Jahr sprunghaft angestiegen war, sinkt sie 2017 wieder. Nichtsdestotrotz macht sich immer noch knapp mehr als jeder zweite Deutsche (56 Prozent; 2016 noch 83 Prozent) Gedanken über dieses Thema. „Seitdem die Balkan-Route geschlossen wurde und im März 2016 das EU-Türkei-Abkommen in Kraft getreten ist, hat sich die Zahl der ankommenden Flüchtlinge erheblich verringert“, sagt Raimund Wildner, Geschäftsführer des GfK Vereins. „Auch wenn ein weiterer Zuzug damit erst einmal gebremst worden ist, sehen viele Deutsche dennoch die gesellschaftliche Aufgabe, die Migranten in Deutschland zu integrieren.“
Die Zuwanderung stellt auch die deutsche Außenpolitik vor Herausforderungen, die aktuell zehn Prozent der Deutschen beschäftigt. Gründe für den Anstieg sind neben der Europapolitik mit der Abkehr vom sogenanntem Dubliner Abkommen und dem Brexit auch die sich verschärfenden Konflikte mit der Türkei.
Armut löst wachsende Beunruhigung aus
Mit einer Steigerung um 7 Prozentpunkte landet das Thema Armut mit 17 Prozent erstmals auf dem zweiten Platz des Sorgenrankings. Hier nennen die Befragten vor allem die Altersarmut als Problem. Die Anzahl der Bezieher von Grundsicherung im Alter steigt, und die zukünftige Entwicklung der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung wird angesichts der demografischen Entwicklung und veränderter Erwerbsbiografien kontrovers diskutiert. In diesem Zusammenhang nimmt aktuell auch die geäußerte Besorgnis um die Renten und die Altersversorgung zu (2017: 14 Prozent; 2016: 8 Prozent). Sie liegt in diesem Jahr auf Rang 5.
Steigende Sorge über Kriminalität und Terrorismus
Die Beunruhigung über die Kriminalität steigt von zehn auf 16 Prozent und ist damit aktuell auf dem dritten Platz der Sorgenliste positioniert. Laut Kriminalstatistik ist die Zahl der registrierten Straftaten in Deutschland von 2015 auf 2016 insgesamt um knapp ein Prozent gestiegen. Im Detail zeigen sich jedoch größere Veränderungen: So gehen zum Beispiel die Wohnungseinbrüche zurück, auch bei Ladendiebstählen und Wirtschaftskriminalität bessert sich die Lage. Anders sieht es dagegen bei der Gewaltkriminalität und bei Straftaten gegen das Waffengesetz aus. Einen neuen Höchststand erreichen auch politisch motivierte Straftaten.
Unter den zehn wichtigsten Sorgen in Deutschland befindet sich 2017 erstmals der Terrorismus mit einem Anstieg von vier auf neun Prozent (Platz 10). „Die Angst vor Terrorismus ist weiter ins Blickfeld der Bevölkerung gerückt, insbesondere seitdem auch Deutschland Zielscheibe terroristischer Gewalt geworden ist“, erläutert Wildner. Im Juli 2016 hatte ein Attentäter in einem Regionalzug mit einer Axt mehrere Menschen angegriffen. Nur wenige Tage später sprengte sich ein Attentäter in Ansbach in die Luft. Bei einem LKW-Attentat auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin starben im Winter 2016 zwölf Menschen.
Sorge um Arbeitslosigkeit bleibt auf relativ niedrigem Niveau
Die Sorge um die Arbeitslosigkeit rangiert aktuell mit 16 Prozent auf Platz 4 und positioniert sich somit trotz einer leichten Zunahme erstmals seit Beginn der Studie nicht unter den Top 2. Mit einer Arbeitslosenquote von 4,1 Prozent laut OECD für das Jahr 2016 waren seit der Wiedervereinigung noch nie so wenige Menschen ohne Beschäftigung.
Große Unterschiede bei der Inflationsangst im Ost-West-Vergleich
Nach einer rückläufigen Tendenz in den vergangenen Jahren nimmt 2017 auch die Sorge um die Preis- und Kaufkraftentwicklung wieder zu und erreicht nun zwölf Prozent. Dabei ist die Kaufkraft 2016 bereits zum dritten Mal in Folge gestiegen. Dies ist in erster Linie das Resultat einer niedrigen Inflation, die laut OECD im Jahresdurchschnitt 2016 bei 0,5 Prozent lag. Dennoch wünschen sich die Deutschen vor allem höhere Löhne und eine gerechtere Einkommensverteilung. Bei der Sorge über die Preis- und Kaufkraftentwicklung lohnt sich der Vergleich zwischen neuen und alten Bundesländern. In Westdeutschland sorgen sich nur zehn Prozent darüber, während diese Sorge im Osten mit 18 Prozent unter den Top 5 rangiert. Auch aus dem Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2016 geht hervor, dass sich die sozialen Verhältnisse in den neuen und alten Bundesländern auseinander entwickeln anstatt sich anzugleichen.
Anmerkung: Rechts auf dieser Seite finden Sie die Grafik mit den Ergebnissen für Deutschland zum Download.
Arbeitsmarkt und Inflation international im Fokus
Im Vergleich der 24 weltweit untersuchten Länder betrachten die Menschen 2017 die Arbeitslosigkeit (24 Prozent) als größte Herausforderung, allen voran Spanien mit 61 Prozent. Auf dem ersten Platz liegt das Thema in drei weiteren Ländern, nämlich in Frankreich, Italien und Indien. Ähnlich stark beunruhigt wie über die Arbeitslosigkeit sind die Menschen über die Preis- und Kaufkraftentwicklung (23 Prozent), welche im letzten Jahr noch ganz knapp vorne lag. Trauriger Spitzenreiter im Ländervergleich ist hierbei Nigeria (67 Prozent), aber auch in Russland und Indonesien stellt das Thema die Hauptsorge dar.
In den meisten Ländern präsentieren sich die globalen Top 2, die Arbeitslosigkeit und die Preis- und Kaufkraftentwicklung, auch als Hauptkritikpunkte. In einigen Ländern stehen jedoch andere Felder im Fokus: In Japan spielen traditionell die Familienpolitik und Altersfürsorge die größte Rolle, während in Großbritannien, Polen und den Niederlanden das Gesundheitswesen die Hauptsorge darstellt. Die Bekämpfung der Kriminalität steht in Mexiko und Südafrika ganz oben auf der Aufgabenliste, in Kenia die Korruption und in Südkorea die wirtschaftliche Stabilität. Und obwohl der Themenkomplex um Zuwanderung und Integration nicht in den globalen Top 10 vertreten ist, belegt dieser neben Deutschland auch in Österreich, Schweden, der Schweiz und den USA den ersten Platz.
Zur Studie
Diese Ergebnisse sind ein Auszug aus der Studie „Challenges of Nations 2017“ und basieren auf rund 27.500 Interviews, die im Auftrag des GfK Vereins im Frühjahr 2017 in insgesamt 24 Ländern durchgeführt wurden: Belgien, Brasilien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Indonesien, Iran, Italien, Japan, Mexiko, Niederlande, Nigeria, Österreich, Polen, Russland, Schweden, Schweiz, Spanien, Südafrika, Südkorea, Türkei und die USA. Neu hinzugekommen ist in diesem Jahr Kenia. Grundlage der Untersuchung ist folgende offene Frage, die jedes Jahr unverändert gestellt wird: „Was sind Ihrer Meinung nach die dringendsten Aufgaben, die heute in [jeweiliges Land] zu lösen sind?“ Die Befragten erhalten keinerlei beschränkende Vorgaben für ihre Antwortmöglichkeiten, Mehrfachnennungen sind möglich.
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