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DownloadLebensmittelabfälle und Mindesthaltbarkeitsdatum. NIMpulse 2023-2
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Laut statistischem Bundesamt landeten in Deutschland im Jahr 2020 elf Millionen Tonnen Lebensmittel auf dem Müll. Das ist nicht nur ethisch fragwürdig und wirtschaftlich schädlich, sondern belastet auch das Klima. So entstehen dadurch jährlich zusätzlich knapp 25 Millionen Tonnen an CO2-Emissionen. Ein kleinerer Teil des Mülls fällt an bei Handel und Herstellern. Der Großteil geht jedoch zurück auf Privathaushalte und hier wiederum nicht selten auf das Mindesthaltbarkeitsdatum. Eine aktuelle repräsentative Befragung des Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) deckt nun auf: Fast die Hälfte der Menschen in Deutschland wirft Lebensmittel mindestens einmal im Monat weg, weil dieser Stichtag überschritten wurde.
Lediglich 20 Prozent der Befragten geben an, nie Nahrungsmittel aus diesem Grund zu entsorgen. Jeder Siebte wirft in diesem Kontext sogar wöchentlich Lebensmittel weg. Zwar ist der individuelle wirtschaftliche Schaden im Schnitt überschaubar: 65 Prozent derjenigen, die Lebensmittel aufgrund überschrittenen Mindesthaltbarkeitsdatums wegwerfen, schätzen ein, dass auf diese Weise weniger als zehn Euro pro Monat im Abfall landen. Bei fast jedem Vierten liegt dieser Betrag aber dann doch bei über elf Euro monatlich. Zur Einordnung: Die durchschnittlichen Ausgaben für Nahrungsmittel pro Haushalt liegen in Deutschland nach amtlicher Statistik bei 402 Euro. „Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist für viele Menschen also immer noch ein Wegwerfdatum“, fasst Andreas Neus, Geschäftsführer des NIM, zusammen. „Überrascht hat uns hierbei, dass Faktoren wie das Haushaltseinkommen oder die Größe des Wohnorts keinen Einfluss auf das Wegwerfverhalten zu haben scheinen.“
Personen unter 40 und Haushalte mit Kindern werfen nach dem Stichtag mehr weg – mit Konfliktpotenzial in der Familie
Stattdessen werfen insbesondere Personen unter 40 Jahren überdurchschnittlich häufig Lebensmittel weg, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist. Knapp 60 Prozent geben an, dies mindestens ein Mal im Monat zu tun. Ähnlich häufig werfen ansonsten nur noch Personen mit Kindern im Haushalt weg. Ganz anders sieht das bei älteren Personen über 60 Jahren aus: Hier gibt lediglich jede fünfte Person an, Lebensmittel regelmäßig aufgrund des Mindesthaltbarkeitsdatums auszusortieren. Ältere ergreifen außerdem nicht nur mehr Maßnahmen, um Lebensmittelabfälle zu vermeiden, sie tragen in diesem Kontext auch deutlich seltener Konflikte im Haushalt aus. In nur 8 Prozent der Best-Ager-Haushalte kommt es zu Meinungsverschiedenheiten in der Frage, ob Lebensmittel weggeworfen werden sollen. Bei den 40 bis 60-jährigen berichtet gut jeder Fünfte über entsprechende Konflikte. Bei jüngeren Personen und Paaren mit Kindern liegt der Anteil sogar bei etwa 50 Prozent.
Jüngere Personen sowie Personen in Haushalten mit Kindern sind im Umgang mit Lebensmitteln unsicherer, Ältere finden das Wegwerfen problematischer
Die Ursachen, das legen die NIM-Daten nahe, liegen sowohl in der generellen Haltung als auch in der subjektiv wahrgenommenen Beurteilungskompetenz. So sind es die jüngeren Personen und die Menschen mit Kindern im Haushalt, die sich im Durchschnitt am wenigsten zutrauen einschätzen zu können, ob Produkte nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch verzehrt werden können. Und es sind diese Gruppen, die das Wegwerfen von Lebensmitteln generell als am wenigsten problematisch betrachten.
Strategien zur Vermeidung von Lebensmittelmüll: Ältere planen besser, Jüngere tendieren zu Technik und Infrastruktur
Dass das Wegwerfen von Lebensmitteln prinzipiell ein Problem darstellt, darin sind sich die Befragten trotzdem einig: vier von fünf stimmen dieser Aussage zu. Doch welche Strategien wenden Verbraucherinnen und Verbraucher an, um Lebensmittelverschwendung einzudämmen? Die NIM-Daten offenbaren auch hier wieder große Unterschiede zwischen den Generationen. So sind es die älteren Personen ab 60, die durch bessere Planung auffallen, sowohl beim Einkauf selbst als auch beim Verbrauch. Dreiviertel der Befragten dieses Alters gibt an, zuerst die Lebensmittel zu essen, deren Mindesthaltbarkeitsdaten als erstes ablaufen. Und die Hälfte achtet beim Einkauf darauf, dass der Stichtag weit in der Zukunft liegt. Ein Anteil von immerhin 40 Prozent lässt sich von Angeboten nicht dazu verlocken, mehr zu kaufen als benötigt wird. Jüngere ergreifen diese Maßnahmen durch die Bank weg deutlich seltener. Dafür zeichnet sich bei ihnen ein anderer Trend ab: Sie nutzen stärker technische und organisatorische Infrastruktur wie Apps und Sammelstellen. Jeder Siebte unter 40 Jahren gibt etwa an, übriggebliebene Lebensmittel bei Anlaufstellen abzugeben, an denen Essen geteilt werden kann.
Große Mehrheit wünscht sich Wegwerfverbot für Handel und Hersteller. Eigene Verpflichtungen werden dagegen abgelehnt
Auch auf politischer Ebene werden derzeit wieder Vorschläge diskutiert, mit denen das Müllaufkommen verringert werden soll. Wie die Menschen in Deutschland dazu stehen, dazu decken die NIM-Daten klare Tendenzen auf. So halten das Mindesthaltbarkeitsdatum 63 Prozent nach wie vor für wichtig. Sehr kritisch sehen Verbraucherinnen und Verbraucher Maßnahmen, die sich direkt auf diese auswirken würden. Höhere Preise, die einen Anreiz bieten würden, Lebensmittelabfälle zu vermeiden, werden ebenso abgelehnt wie Verbote für Privatpersonen, verpackte noch verzehrfähige Lebensmittel wegzuwerfen. Vielmehr sehen die Menschen in Deutschland Hersteller, Handel und Gewerbe in der Pflicht. Eine große Mehrheit wünscht sich eine Auflage für diese, unverkaufte Lebensmittel an Tafeln oder andere gemeinnützige Organisationen zu spenden. Auch die geplante Legalisierung des Containerns wird begrüßt. Ergänzungen zum Mindesthaltbarkeitsdatum stehen bei einer Mehrheit ebenfalls hoch im Kurs. Etwa in Form von Informationen, in welchen Fällen ein Lebensmittel nach Ablauf noch gegessen werden kann oder in Form eines Hinweises, das Produkt vor dem Wegwerfen zu überprüfen.
Weniger Lebensmittelabfall durch Produktlabel?
Schon heute existiert eine Reihe solcher Produktlabel. Sie sollen dazu anregen, Lebensmittel vor dem Wegwerfen mit den eigenen Sinnen zu untersuchen. Die NIM-Befragung zeigt: Solche Label werden gerade in den Zielgruppen, die viel wegwerfen, überdurchschnittlich stark wahrgenommen. So gibt jeweils ein gutes Drittel der unter 40-Jährigen und der Menschen mit Kindern im Haushalt an, dass ihnen eine entsprechende Kennzeichnung schon einmal aufgefallen ist. Das liegt deutlich über dem Durchschnitt. Auf die Frage, ob eine solche Kennzeichnung sie schon einmal bei der Entscheidung beeinflusst hat, ein Lebensmittel noch zu verbrauchen, anstatt es wegzuwerfen, antworteten überdurchschnittlich viele Personen aus den beiden Zielgruppen mit „Ja“. Wie ein solches Label gestaltet werden müsste, um Verbraucher am besten bei deren Entscheidung zu unterstützen, das wird das NIM in einem internationalen Forschungsprojekt zusammen mit der Aarhus University und der Copenhagen Business School untersuchen.
Im Auftrag vom Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) wurden mit dem GfK eBUS® 1.003 Personen im Alter von 18-74 Jahren befragt, die die deutschsprachige Bevölkerung repräsentieren. Die Befragung wurde im Zeitraum 26.01.2023 bis 29.01.2023 durchgeführt.
Key Insights:
- Lebensmittelmüll: Fast die Hälfte der Menschen in Deutschland wirft Lebensmittel mindestens einmal im Monat weg, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist.
- Jüngere Personen sowie Personen in Haushalten mit Kindern sind im Umgang mit Lebensmitteln unsicherer, Ältere finden das Wegwerfen problematischer.
- Die Frage, ob Lebensmittel weggeworfen werden sollen, führt im Haushalt nicht selten zu Diskussionen und Konflikten.
- Eine große Mehrheit wünscht sich ein Wegwerfverbot für Handel und Hersteller. Eigene Verpflichtungen werden dagegen abgelehnt.
- Potenzial steckt in Labeln, die die Verbraucher dazu anregen, Lebensmittelabfälle zu vermeiden.
Über das Nürnberg Institut für Marktentscheidungen e.V.
Das Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) ist ein Non-Profit-Institut zur Erforschung von Konsum- und Marktentscheidungen. An der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis untersucht das NIM, wie sich Entscheidungen von Verbrauchern und Unternehmensentscheidern angesichts neuer technologischer und gesellschaftlicher Trends verändern – und zu welchen Folgen das führt. Das NIM generiert aus seiner Forschung neue und relevante Erkenntnisse, wie Menschen bessere Entscheidungen in Märkten treffen können.
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