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US-Wahlkampf: Kaufkraft und Zuwanderung sind Hauptsorgen der US-Amerikaner
Am 5. November wählen die US-Amerikaner ein neues Staatsoberhaupt. Mit dem TV-Duell geht der Präsidentschaftswahlkampf nächste Woche in die heiße Phase. Spätestens dann werden sich Kamala Harris und Donald Trump inhaltlich noch stärker positionieren. Doch welche Themen sind aus Wählersicht eigentlich wirklich wichtig? Eine neue Studie des Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) zeigt: Die Kaufkraftentwicklung wird als das dringendste Problem angesehen, das aktuell in den USA zu lösen ist.
Konkret berichten 43 Prozent der Befragten, dass kaufkraftbezogene Aufgaben wie anhaltender Währungsverfall, steigende Lebenshaltungskosten, höhere Löhne und eine gerechtere Einkommensverteilung dringend angepackt werden sollten. Die Inflationsrate ist in den Vereinigten Staaten, ähnlich wie in Europa, zwar in letzter Zeit gesunken: Mit 2,9 Prozent lag sie so niedrig wie zuletzt vor etwa vier Jahren. Dennoch scheint der Teuerungsschock – in den vergangenen drei Jahren wurden in den USA die Mieten um jährlich etwa 15 Prozent angehoben, Nahrungsmittel wurden gut 20 Prozent teurer und Strom rund 30 Prozent – in der Bevölkerung noch tief zu sitzen.
„Im Wahlkampf wird es also auch darauf ankommen, welche Kandidatin oder welcher Kandidat den Wählern die überzeugenderen Rezepte zur Steigerung der Kaufkraft darlegt“, meint NIM-Studienautor Tobias Biró. Harris hätte hier bislang vor allem mit der Idee von sich Reden gemacht, Preiskontrollen für Nahrungsmittel einzuführen. Außerdem sei die Kandidatin der Demokraten dafür eingetreten, das befristet installierte Kindergeld zu verstetigen und für Neugeborene zu erhöhen sowie den Wohnungsbau zu fördern und Mietpreise strenger zu regulieren. Trump habe angekündigt, die Energiekosten innerhalb eines Jahres zu halbieren. Er wolle die Lebenshaltungskosten für Bürger außerdem durch niedrigere Steuern und die umfassende Ausweisung von illegalen Einwanderern senken.
Beim Thema Zuwanderung ist amerikanische Gesellschaft gespalten
Auch das Thema Zuwanderung und Integration spielt im US-Wahlkampf eine große Rolle. Vor allem Trump versucht das Thema zu forcieren, wie unter anderem sein Ausweisungsvorschlag zeigt. Aber auch Harris hat ein härteres Vorgehen gegen die Migration angekündigt. Im vom NIM erhobenen Sorgenranking der US-Amerikaner steht Zuwanderung und Integration mit 36 Prozent der Nennungen auf Platz 2. Vor allem ältere US-Amerikaner sehen bei diesem Thema, den zuletzt rückläufigen Zuzugszahlen zum Trotz, ein großes Problem. Während 53 Prozent der 60- bis 69-Jährigen, und 47 Prozent der 50- bis 59-Jährigen Migration als dringend zu lösende Aufgabe bezeichnen, liegt der entsprechende Anteil bei Personen zwischen 18 und 29 Jahren nur bei 22 Prozent. „Wir sehen in dieser Frage also eine starke Spaltung der amerikanischen Gesellschaft. Vor allem für Harris könnte es eine Herausforderung sein, hier die Balance zu finden, um ältere Wählergruppen anzusprechen und gleichzeitig die jüngere Generation nicht abzuschrecken“, kommentiert Tobias Biró die Zahlen. Weitere klare Spaltungstendenzen, etwa nach Geschlecht, der Höhe des Einkommens, dem Bildungsabschluss oder der Größe des Wohnorts sind nicht auszumachen.
Kaufkraft und Zuwanderung mit historisch hohen Sorgenwerten
Mit der Preis- und Kaufkraftentwicklung sowie der Zuwanderung und Integration belegen zwei Themen die vordersten Plätze im Sorgenranking, die auch die größten Zuwächse im Vergleich zur NIM-Befragung im Jahr 2023 verbuchen, und zwar von einem bereits hohen Niveau aus (Preis-/Kaufkraftentwicklung 2023: 38 Prozent, + 5 Prozentpunkte; Zuwanderung/Integration 2023: 24 Prozent, + 12 Prozentpunkte). Die beiden Themen schwelen also schon länger in der amerikanischen Gesellschaft, und aktuell erreichen sie in der Challenges of Nations Studie historisch hohe Sorgenwerte.
Das medial häufig diskutierte Thema Abtreibungsrecht hat es übrigens nicht in die Top 10 des Sorgenrankings geschafft. Mit 13 Prozent Nennungen liegt es knapp dahinter. Überdurchschnittlich häufig wird es von Frauen (17 Prozent) als dringend zu lösende aktuelle Aufgabe bezeichnet – kein Topthema also, aber auch nicht so unbedeutend, dass die Politik es ignorieren kann.
Über die NIM-Studienreihe „Challenges of Nations“
Die „Challenges of Nations“-Studie wird vom NIM seit 1985 durchgeführt. Dabei werden Menschen bevölkerungsrepräsentativ und ohne Antwortvorgaben nach den dringendsten Aufgaben gefragt, die heute in ihrem Wohnsitzland zu lösen sind. Die vorliegende Sonderausgabe nimmt die Vereinigten Staaten von Amerika im Präsidentschaftswahljahr in den Blick. Sie umfasst Antworten von 1.877 Personen im Alter von 18 bis 69 Jahren, repräsentativ für die (Online-) Bevölkerung. Die Befragung wurde im Zeitraum 23.07.2024 bis 31.07.2024 von GfK durchgeführt. Die Ergebnisse bieten eine verlässliche, datengestützte Entscheidungsgrundlage für Wirtschaft und Politik.
Key Insights:
- Das Thema Preis- und Kaufkraftentwicklung führt aktuell das Sorgenranking in den USA an.
- Beim Thema Zuwanderung und Integration ist die amerikanische Gesellschaft gespalten. Besorgt sind vor allem Ältere; Jüngere sehen darin seltener ein Problem.
- Preis- und Kaufkraftentwicklung sowie Zuwanderung und Integration zeigen historisch hohe Sorgenwerte.