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Trotz Kritik: CO2-Kompensationen genießen hohe Akzeptanz
CO2-Kompensationen stehen immer wieder in der Kritik. Zuletzt wurde etwa Versorgern, die sogenanntes klimaneutrales Erdgas vertreiben, Verbrauchertäuschung vorgeworfen. Wegen Fällen wie diesem sollen Werbeaussagen mit Umweltbezug in der EU zukünftig stark reguliert werden. Der Gesetzgeber möchte auch explizit die Nutzung „grüner“ Werbeaussagen einschränken, die sich ausschließlich auf CO2-Kompensationen stützen. Dem Kompensationsmodell, also Zusatzzahlungen beim Kauf eines Produkts oder einer Dienstleistung, die zur Finanzierung von Klimaschutzprojekten verwendet werden, droht damit das Aus. Eine gute Idee? Nicht, wenn es nach den Verbrauchern in Deutschland geht. Dort genießen CO2-Kompensationen eine vergleichsweise hohe Akzeptanz, wie aus einer neuen Studie des Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) hervorgeht.
Key Insights:
- 60 Prozent der Deutschen geben an, ihre CO2-Emissionen schon mal kompensiert zu haben. Viele sind sogar gewillt, zukünftig noch mehr zu kompensieren.
- Vor allem Verantwortungsbewusstsein und sozialer Druck motivieren die Menschen zur Kompensation von Emissionen. Sozialer Druck ist dabei zwar ein selten genanntes, aber besonders wirksames Motiv.
- Kompensationshindernisse bestehen vor allem in prinzipiellen Bedenken. Fast jeder zweite Befragte teilt die Überzeugung, dass Kompensationen eigentlich der falsche Weg seien.
- Bereits im Preis enthaltene Kompensationen sind deutlich populärer als eine freiwillige Kompensation gegen Aufpreis. Anbieter sind gut beraten, ihren Kunden die Kompensationsentscheidung abzunehmen.
Die eigenen Emissionen zu kompensieren, das scheint im Alltag der Deutschen angekommen zu sein: 60 Prozent haben nach eigenen Angaben schon einmal freiwillig ihre CO2-Emissionen kompensiert. Beinahe 70 Prozent der Befragten möchten in Zukunft sogar noch mehr kompensieren. „Das unterstreicht, das CO2-Kompensationen allen Diskussionen zum Trotz in der Bevölkerung hohe Akzeptanz genießen und dass das Potenzial wohl noch nicht ausgeschöpf ist. Unsere Zahlen zeigen auch, wie groß die Bedeutung des Instruments ist und wie groß der Hebel für den Klimaschutz sein könnte, wenn man die damit generierten Gelder effektiv einsetzt“, meint Dr. Michael Zürn, Co-Autor der Studie und Senior Researcher am NIM.
Verantwortungsbewusstsein und sozialer Druck verstärken die Kompensationsneigung
Motiviert werden Menschen, die ihre Emissionen freiwillig kompensieren, vor allem vom Wunsch, bewusster und verantwortungsvoller zu konsumieren. Jeder zweite Kompensationsnutzer wird davon angetrieben. Immerhin 8 Prozent der Kompensationsnutzer geben an, dass ihre Handlung auf Druck vom eigenen Umfeld zurückgeht. Weiterführende Analysen legen nahe, dass Verantwortungsbewusstsein und sozialer Druck auch die einzigen Motive sind, die tatsächlich mit einer stärkeren Nutzung von Kompensationen einhergehen. Motive wie Angst vor dem Klimawandel oder die fehlende Bereitschaft zum Verzicht werden von den Befragten zwar ebenfalls häufig genannt, zeigen aber keinen Zusammenhang mit der gemeldeten Kompensationsneigung.
Kompensationshindernisse sind vor allem prinzipielle Bedenken
Einer auch stärkeren Nutzung von Kompensationen stehen vielfältige Hindernisse im Weg. Am häufigsten genannt wurde die prinzipielle Überzeugung, dass Kompensationen der falsche Weg seien. Fast jeder zweite Befragte teilt diese Bedenken. Auch das fehlende Vertrauen in die Anbieter bzw. in die Kompensationsprojekte sind häufig vorgetragene Gründe. Jedem Dritten sind die Kosten von Kompensationen zu hoch. Beinahe alle diese Hindernisse reduzieren auch tatsächlich die Kompensationsnutzung, mit zwei Ausnahmen: So kompensieren Personen, die einen Mangel an geeigneten Anbietern beklagen, nicht seltener, sondern sogar signifikant häufiger als Personen, die dieses Thema nicht als Hindernis angeben. Gleiches gilt für Personen, die meinen, durch nachhaltiges Alltagsverhalten bereits ausreichend zum Erhalt der Umwelt beizutragen.
Freiwillige Kompensation gegen Aufpreis ist am wenigsten populär
Vor allem aus der Flug- und Urlaubsbranche bekannt sind Kompensationsmodelle, bei denen Verbraucher freiwillig eine Zuzahlung für die entstehenden Emissionen leisten können. Diese Art von Kompensationsangebot stößt bei Verbrauchern unabhängig von Alter, Einkommen und Bildungsstand auf wenig Gegenliebe. Auch jüngere Personen, die sich noch am offensten gegenüber solchen Zuzahlungen zeigen, bevorzugen bereits im Preis inkludierte CO2-Kompensationen. Das verdeutlicht, dass die Mehrheit der Menschen nicht selbst entscheiden möchte, ob Emissionen kompensiert werden. Unternehmen, die ihren Kunden diese Entscheidung abnehmen – und in Rechnung stellen – treffen dagegen deutlich eher den richtigen Nerv.
Studie und Fragebogen wurden konzipiert vom Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM). Erhoben wurden die Daten mit dem GfK eBUS®. Dafür wurden 2.023 Personen im Alter von 18-74 Jahren befragt, die die deutschsprachige Bevölkerung repräsentieren. Die Befragung wurde im Zeitraum 14.09.2023 bis 24.09.2023 durchgeführt.