Forschung
Soziale Roboter in Banken
Problemstellung
Im Einzelhandelsbankwesen stellen der Aufstieg von Online-Banking und die Komplexität omnichannel Kundenreisen erhebliche Herausforderungen für das Kundenbeziehungsmanagement dar. Obwohl soziale Roboter als vielversprechende Werkzeuge zur Verbesserung des Kundenservice gelten, bleibt die Akzeptanz dieser Technologien durch die Kunden eine entscheidende Hürde. Während zahlreiche Studien die Reaktionen der Verbraucher nach der Interaktion mit Robotern untersuchen, wurde die prä-interaktive Phase, in dem erste Eindrücke über das Aussehen und die Präsenz des Roboters die spätere Nutzungsabsicht maßgeblich beeinflussen, bislang weitgehend vernachlässigt.
Zielsetzung
Diese Studie untersucht, wie das Design der ersten Interaktion zwischen Kunden und sozialen Robotern (d.h. proaktives vs. passives Design) den Kundenkomfort, das Vertrauen und die Nutzungsabsicht beeinflusst. Besonders wird erforscht, wie diese Faktoren miteinander verknüpft sind und wie das Design des Roboters optimiert werden kann, um die Akzeptanz bei den Kunden zu steigern. Zur Erklärung dieser Zusammenhänge wird die Komforttheorie herangezogen, die aufzeigt, wie der Komfort der Kunden die Bereitschaft zur Interaktion mit Robotern beeinflusst, wobei Vertrauen eine mediierende Rolle spielt.
Methodologie
Ein Feldexperiment wurde in einer Bankfiliale durchgeführt, in der der Furhat soziale Roboter (nach dem Bankgründer modelliert) eingesetzt wurde. Insgesamt nahmen 128 Teilnehmer teil, die entweder mit einem:
- Proaktiven Design interagierten: Der Roboter initiierte die Interaktion, sobald er die Teilnehmer erfasste.
- Passiven Design interagierten: Der Roboter blieb still, bis die Teilnehmer die Interaktion selbst anstoßen.
Die Teilnehmer füllten einen standardisierten Fragebogen aus, der ihren Komfort, ihr Vertrauen und ihre Nutzungsabsicht erfasste. Auch demografische Daten und Kontrollvariablen wie Alter, Erfahrung mit sozialen Robotern und technologische Ängste wurden berücksichtigt. Zusätzlich bewerteten Beobachter die emotionalen Reaktionen der Teilnehmer anhand von Valenz, Erregung und Dominanz.
Ergebnisse
- Komfort: Das proaktive Design führte zu deutlich höherem psychologischem Komfort und positiveren emotionalen Reaktionen (z.B. Lächeln, freundliche Kommentare). Physiologischer und ganzheitlicher Komfort favorisierten ebenfalls das proaktive Design, jedoch ohne signifikante statistische Unterschiede.
- Vertrauen: Das proaktive Design wurde leicht als vertrauenswürdiger wahrgenommen als das passive Design.
- Nutzungsabsicht: Überraschenderweise zeigte sich eine höhere Nutzungsabsicht beim passiven Design, was jedoch statistisch nicht signifikant war.
- Emotionale Reaktionen: Teilnehmer, die mit dem proaktiven Design interagierten, wiesen eine deutlich höhere emotionale Valenz auf, was auf größere Zufriedenheit und Freude hinweist.
Interpretation: Duale Verarbeitungstheorie
Die Ergebnisse lassen sich durch die Duale Verarbeitungstheorie erklären, die zwischen automatischen und reflektiven Denkprozessen unterscheidet:
- Das proaktive Design aktiviert automatische Prozesse, die durch sofortige positive Eindrücke geprägt sind und zu höherem Komfort und emotionaler Verbundenheit führen.
- Das passive Design hingegen fördert reflektive Entscheidungsprozesse, bei denen die Nutzer bewusst über den Roboter nachdenken und Vertrauen aufbauen, was die höhere Nutzungsabsicht erklären könnte, obwohl der Komfort in dieser Interaktionsvariante geringer war.
Implikationen für Manager und Verbraucher
- Für Manager: Ein ausgewogener Ansatz, der sowohl proaktive als auch passive Design-Elemente kombiniert, kann die Kundenakzeptanz von sozialen Robotern verbessern, indem sowohl Komfort als auch Vertrauen optimiert werden.
- Für Verbraucher: Proaktive Roboter bieten ein engagierenderes und intuitiveres Erlebnis, während passive Designs den Nutzern mehr Autonomie ermöglichen, indem sie die Interaktion in ihrem eigenen Tempo starten.
- Gesellschaftliche Auswirkungen: Die Ergebnisse deuten auf eine zunehmende gesellschaftliche Akzeptanz von sozialen Robotern hin, wobei Vertrauen nach wie vor eine Schlüsselrolle spielt. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, Interaktionsdesigns zu entwickeln, die sowohl emotionale als auch reflektierende Engagements ermöglichen.
Projektteam
- Dr. Carolin Kaiser, Head of Artificial Intelligence, NIM, carolin.kaiser@nim.org
Kooperationspartner
- Alexander Piazza, Hochschule Ansbach
- Carina Wiedenhöft, Hochschule Ansbach
- Anna Pilz, Hochschule Ansbach
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