Forschung
Wie Risikowahrnehmung und Erfahrungen in der Vergangenheit Innovationen und das zukünftige Geschäftsmodell prägen
Die Innovation des Geschäftsmodells – die neben der Produktinnovation beispielsweise auch innovative Vertriebswege oder neue Bezahlmodelle beinhaltet – hat jüngsten Studien zufolge einen starken Einfluss auf den Unternehmenserfolg. Dennoch gibt es Hinweise darauf, dass das Management oft davor zurückschreckt. Das hat viel mit früheren Erfahrungen der Führungskräfte zu tun.
Die Wissenschaft ist gespalten. Einige Forscherinnen und Forscher argumentieren, dass Unternehmen bei externen Bedrohungen risikoscheuer reagieren und sich an Etabliertes halten (Threat Rigidity). Andere Arbeiten zeigen, dass Unternehmen bei potenziellen Verlusten eher risikofreudig sind, da sie in der Regel weniger zu verlieren haben. Doch nicht nur die Wahrnehmung eines aktuellen Ereignisses beeinflusst Entscheidungen, sondern auch früher gemachte Erfahrungen. So zeigt sich etwa, dass sich Entscheidungsverantwortliche risikofreudiger verhalten, wenn sie in der Vergangenheit Gewinne erzielt haben. Wurden früher Verluste realisiert, werden Entscheiderinnen und Entscheider risikoscheuer.
Bedrohung über Chance, Vergangenheit über Zukunft
Um ihr Risikoverhalten zu untersuchen, hat das NIM eine experimentelle Studie mit Top-Managerinnen und -Managern aus großen Unternehmen und mit Personen ohne berufliche Führungsverantwortung in Großunternehmen durchgeführt. In einem hypothetischen Szenario hat das Forschungsteam dabei sowohl die frühere Unternehmensleistung (frühere Gewinne vs. frühere Verluste) als auch das aktuelle Ereignis (Gelegenheit mit potenziellen Gewinnen vs. Bedrohung mit potenziellen Verlusten) experimentell variiert. Anschließend wurden die Teilnehmenden gefragt, ob das Geschäftsmodell angesichts des Szenarios innoviert werden sollte (was potenziell höhere Gewinne bei einem gewissen Risiko bedeutete) oder nicht (die sichere Option mit geringeren Gewinnen).
Sieht das Top-Management die Welt mit anderen Augen?
Unabhängig von der bisherigen Entwicklung des Unternehmens zeigten Personen ohne berufliche Führungsverantwortung in Großunternehmen eine klare Präferenz für die riskantere Option, also die Innovation. Diese wurde leicht verstärkt, wenn sie mit einem bedrohlichen Ereignis konfrontiert wurden. Top-Managerinnen und -Manager zeigten dagegen in der Untersuchung ein deutlich anderes Risikoverhalten: Bei Marktbedrohungen sind sie risikoscheuer und halten eher am aktuellen Geschäftsmodell fest. Wurden in der Vergangenheit Verluste erlitten, war die Innovationsfreudigkeit noch geringer.
Projektteam
- Dr. Matthias Unfried, Head of Behavioral Science, NIM, matthias.unfried@nim.org
- Dr. Michael K. Zürn, Senior Researcher, NIM, michael.zuern@nim.org
Kooperationspartner
- Prof. Dr. Elena Freisinger, Technische Universität Ilmenau
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