Forschung
Decision De-Biasing (NIM Research Spotlight)
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Managerinnen und Manager, die kognitiven Verzerrungen unterliegen, können wichtige Informationen übersehen, unrichtige Annahmen als Entscheidungsbasis nutzen oder alternative Optionen überhaupt nicht in Betracht ziehen. Diese Cognitive Biases können erhebliche Folgen für Unternehmen haben – von schlechter Entscheidungsfindung bis zu negativen Auswirkungen auf die Unternehmenskultur und -moral. Um kostspielige Fehler zu vermeiden und eine Kultur der fundierten Entscheidungsfindung in ihren Unternehmen zu fördern, sollten Führungskräfte die eigenen kognitiven Verzerrungen verstehen und abschwächen.
Sind sich Managerinnen und Manager ihrer Cognitive Biases bei der Entscheidungsfindung bewusst? Um diese Frage zu klären, hat das NIM in Kooperation mit dem Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement (MCM) der Hochschule St. Gallen (HSG) eine Umfrage mit 500 Teilnehmenden durchgeführt. Sie alle arbeiten für Unternehmen in den USA und Europa, die in der „Forbes Global 2000“-Liste der weltgrößten Unternehmen gelistet sind. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bekleiden dort hochrangige Führungspositionen und tragen Verantwortung für wichtige Geschäftsentscheidungen. Die Umfrage wurde mit einem gemischten Ansatz aus computergestützten Telefoninterviews und Bildschirmfreigabe für Fragen mit längeren Listen von Elementen durchgeführt. Ziel war es herauszufinden, welche Biases für Personen aus den Bereichen Marketing und Strategie heute besonders relevant sind und welche sie bei anderen und welche sie bei sich selbst erkennen. Zusätzlich wurden umfangreiche Informationen zu Entscheidungsstilen erhoben.
Die Key Findings
- Managerinnen und Manager sind sich kognitiver Verzerrungen in Entscheidungen bewusst. Sie stellen in Befragungen deutlich mehr Biases bei anderen als bei sich selbst fest. Das ist ein Indiz für einen blinden Fleck, der dazu führen könnte, dass sie ihre eigenen Entscheidungsverzerrungen übersehen und Entscheidungen treffen, die nicht im besten Interesse des Unternehmens sind.
- Der sogenannte In-Group-Bias ist die am häufigsten wahrgenommene kognitive Verzerrung, gefolgt von Confirmation Biases und der Illusion kognitiver Überlegenheit. Managerinnen und Manager müssen sich dieser Voreingenommenheit bewusst sein, damit sie wichtige Informationen nicht übersehen, ungenaue Annahmen treffen oder alternative Optionen außer Acht lassen.
- Der genannte blinde Fleck bei Führungskräften hängt vom individuellen Entscheidungsstil ab. Die rationalen, abhängigen und spontanen Entscheidungsstile weisen insgesamt einen stärkeren blinden Fleck für kognitive Verzerrungen auf.
Blinder Fleck bei eigenen Biases
Den Ergebnissen zufolge ist der am häufigsten wahrgenommene Bias der sogenannte In-Group-Bias, also die Bevorzugung von Personen der eigenen Gruppe. Andere häufig wahrgenommene kognitive Verzerrungen sind der Confirmation Bias und die Illusion der eigenen Überlegenheit. Die Studie ergab auch, dass Managerinnen und Manager deutlich mehr Verzerrungen bei anderen als bei sich selbst feststellen. Im Durchschnitt bemerkten die Befragten 3,1 Biases bei anderen, während sie nur 2,7 Biases in ihrem eigenen Verhalten erkannten. Dieser sogenannte blinde Fleck könnte dazu führen, dass sie ihre eigenen Entscheidungsverzerrungen übersehen und infolgedessen Entscheidungen treffen, die nicht im besten Interesse des Unternehmens liegen. Gleichzeitig scheinen – auch das zeigt die Studie – bestimmte Entscheidungsstile anfälliger für bestimmte Verzerrungen zu sein. Außerdem gibt es individuelle Unterschiede in der Anfälligkeit für blinde Flecke. Die Untersuchungsergebnisse legen den Schluss nahe, dass Personen, die ihren eigenen Entscheidungsstil kennen und verstehen, besser in der Lage sind, die beschriebenen blinden Flecke zu erkennen. Dies unterstreicht die Bedeutung der Selbsterkenntnis und die Notwendigkeit für Führungskräfte, sich ihrer eigenen kognitiven Verzerrungen bewusst zu sein, um fundiertere Entscheidungen treffen zu können.
Entlastungstechniken
In der Studie haben NIM und MCM auch 13 Entlastungstechniken danach bewertet, wie hilfreich sie für die Entscheidungspraxis sind und wie oft sie tatsächlich eingesetzt werden. Die Ergebnisse zeigen: Managerinnen und Manager wissen zwar über diese sogenannten De-Biasing-Techniken Bescheid, sie wenden sie aber nicht regelmäßig an. Dies deutet auf einen Bedarf an Schulung und Ausbildung hin.
Projektteam
- Dr. Fabian Buder, Head of Future & Trends, NIM, fabian.buder@nim.org
- Dr. Matthias Unfried, Head of Behavioral Science, NIM, matthias.unfried@nim.org
Kooperationspartner
- Prof. Dr. Martin J. Eppler, University of St.Gallen (HSG) MCM Institute
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