Ein kurzer geschichtlicher Abriss

von Professor Christian Kleinschmidt, Philipps-Universität Marburg

NIM-Gründerväter Professor Ludwig Erhard und Professor Wilhelm Vershofen

Der Gesellschaft für Konsumforschung e.V. (GfK e.V.) übernahm mit seiner Gründung im Jahr 1934 eine Pionierfunktion auf dem Gebiet der Markt- und Konsumforschung in Deutschland. Seine Anfänge reichen bereits bis ins Jahr 1919 zurück. In diesem Jahr wurde das Institut für Wirtschaftsbeobachtung der deutschen Fertigware (IfW) ins Leben gerufen, das wiederum vier Jahre später – also in der Zeit der Weimarer Republik – in die Handelshochschule Nürnberg integriert wurde.

Die Weimarer Republik steht nicht nur für die erste parlamentarische Demokratie auf deutschem Boden, sondern auch für die Ausweitung der Konsumgesellschaft, die Durchsetzung markt- und wettbewerbswirtschaftlicher Strukturen, für Rationalisierung und Modernisierung sowie die Weiterentwicklung des Bismarck’schen Sozialstaatsgedankens und einen zunehmenden amerikanischen Einfluss auf die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft. All dies bildete auch die Rahmenbedingungen für den Aufbau des Gesellschaft für Konsumforschung e. V., der diese Prozesse als eigenständiger Akteur maßgebend mitprägte und begleitete – und seit den 1930er-Jahren zu einem der führenden Marktforschungsinstitute weltweit aufstieg. Dessen Gründer, Wilhelm Vershofen, Erich Schäfer und Ludwig Erhard, hatten sich zum Ziel gesetzt, einen eigenständigen deutschen Weg der Marktforschung zu beschreiten, der sich von vergleichbaren europäischen und amerikanischen Institutionen ebenso unterschied wie vom klassischen Modell des „homo oeconomicus“.

Der GfK e. V. verfolgte vielmehr einen ganzheitlichen Analyseansatz des Verhaltens und Agierens von Marktteilnehmern und berücksichtigte dabei neben dem „menschlichen Faktor“, psychologischen Aspekten, Gefühlen und Emotionen auch Nutzenaspekte, die sich schließlich auch in der wissenschaftlichen Herangehensweise des Instituts in Form einer sowohl qualitativen wie quantitativen Markt- und Konsumforschung widerspiegelten. Dabei ging es auch darum, wissenschaftliche Grundlagenforschung und kommerzielle Auftragsforschung unter einem Dach zu betreiben. In der Gründungsphase des Vereins, die mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten zusammenfiel, stießen dessen Forschungen aber durchaus auch auf Kritik der neuen Machthaber, denn die Vorstellungen des Instituts waren nicht immer kompatibel mit der Ideologie der NS-„Volksgemeinschaft“ und deren konsumgesellschaftlichen Ausprägungen.

Das änderte sich nach 1945, da der GfK e.V. eine hohe Anschlussfähigkeit an das Modell der sozialen Marktwirtschaft Ludwig Erhards und Alfred Müller-Armacks erkennen ließ und die sich weiterentwickelnde Massenkonsumgesellschaft der Bundesrepublik durch eine enorme Ausweitung ihrer Tätigkeitsfelder und Methoden forschend begleitete. Ausschlaggebend dafür waren seit den 1960er- und 70er-Jahren der zunehmende unternehmerische Wettbewerb auf nationaler und internationaler Ebene und die in den 80er-Jahren einsetzende Globalisierung, Deregulierung und Privatisierung sowie Entwicklungen und Innovationen auf dem Gebiet der Kommunikations- und Informationstechnologie. Dies hatte schließlich auch Auswirkungen auf die innere Struktur des Vereins.

Die auf Wilhelm Vershofen zurückgehende Idee der Kombination von Grundlagen- und Auftragsforschung stieß zunehmend an ihre Grenzen, sodass es im Jahr 1984 zur Trennung von operativen Gesellschaften einerseits und den Tätigkeiten des Vereins andererseits kam, aus dem dann im Jahr 2019 durch die Umbenennung von „GfK Verein“ in „Nürnberg Institut für Marktentscheidungen e. V.“ das heutige NIM hervorging.