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Buder, F., & Biró, T. (2025). Zwischen Tradition und Krise. Warenhäuser im Urteil der Verbraucher. NIMpulse 10

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Jahr

2025

Autorinnen und Autoren
Dr. Fabian Buder,
Tobias Biró
Titel der Studie
Zwischen Tradition und Krise
Studientyp
NIMpulse
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Zwischen Tradition und Krise

Warenhäuser im Urteil der Verbraucher

Das Geschäftsmodell Warenhaus steckt in der Krise. Immer wieder ist von Geschäftsschließungen zu lesen. Mit Galeria hat der größte Warenhauskonzern Deutschlands zuletzt innerhalb weniger Jahre mehrfach Insolvenz angemeldet.

Erklärt wird diese Entwicklung etwa durch den Aufstieg des E-Commerce und den Wandel des Einkaufsverhaltens. Einzelhandelsgeschäfte mit großer Verkaufsfläche in Innenstadtlage erfüllen nach dieser Lesart keinen Zweck mehr.

Gleichzeitig gibt es immer wieder Versuche, das Geschäftsmodell weiterzuentwickeln. In internationalen Metropolen werden neue Konzepte getestet, und auch Galeria hat neue Eigentümer, die offenbar an eine Zukunft der Shopping-Tempel glauben. 

Wir wollten wissen, welches Bild sich Verbraucher vom Warenhaus machen – und haben sie darum nach ihrer Meinung gefragt. Warum geht man ins Warenhaus, warum nicht? Welches Image haben die großen Häuser und welche Visionen existieren für ihre Zukunft?

Die Main Results:

  • Warenhaus-Kundschaft: Das Warenhaus zieht ein überwiegend jüngeres, städtisches Publikum an. Kunden schätzen insbesondere die Auswahl.
  • Produkte und Warenhaus: Derzeit gibt es keine Produktkategorie, die Verbraucher bevorzugt im Warenhaus kaufen, auch nicht im Warenhaus-Webshop.

  • Probleme des Warenhauses: Im Warenhaus wird selten gezielt nach Produkten gesucht. Insbesondere die schlechte Erreichbarkeit wird als Hürde genannt. Im Vergleich zu anderen Einkaufskanälen fehlt außerdem ein klares Profil.

  • Potenzial des Warenhauses: Jüngere interagieren überdurchschnittlich häufig mit dem Warenhaus. Es weckt außerdem abstrakt positive Emotionen bei Verbrauchern.

  • Zukunft mit Warenhaus? Aus Verbrauchersicht müsste das Warenhaus an Ambiente und Sortiment arbeiten. Falls Warenhäuser den Betrieb einstellen, sollte der entstehende Platz für den Handel oder als Wohnraum genutzt werden.

Warenhaus-Kundschaft

An erster Stelle der Gründe, warum Verbraucher in Warenhäusern einkaufen, steht die Auswahl / das große Angebot (41 Prozent). Das Gefühl, ungestört aussuchen zu können, ist ebenfalls für viele Kunden von großer Bedeutung (36 Prozent). Gründe wie Zeitersparnis (17 Prozent), günstige Preise (18 Prozent), die übersichtliche Anordnung der Produkte (20 Prozent) oder Nähe zur Wohnung bzw. zur Arbeitsstätte (21 Prozent) werden von Warenhaus-Kunden dagegen seltener genannt.

Das Warenhaus zieht ein überwiegend jüngeres, städtisches Publikum an. Ältere finden dagegen selten den Weg in die innerstädtischen Shopping-Tempel. Das legt die Vermutung nahe, dass es sich bei der Warenhaus-Kundschaft um Personen handelt, die eher mobil und erlebnisorientiert sind. Dafür spricht auch, dass es vor allem die Bewohner von Städten mit 20.000 bis unter 500.000 Einwohnern sind, die öfter dort einkaufen. In kleineren Städten gibt es häufig kein Warenhaus, in größeren dafür mehr konkurrierende Erlebnisangebote.   

Was ebenfalls auffällt: Die Top-Gründe, die Kunden ins Warenhaus locken, sind solche, für die auch das Online-Shopping steht. Typische Aspekte, die den stationären Handel ausmachen, reichen scheinbar nicht, um die Kunden vom Warenhaus zu überzeugen.

Produkte und Warenhaus

Von 6 ausgewählten Produkten, die Warenhäuser regelmäßig im Sortiment führen (Kochzubehör, Uhren/Schmuck, Kosmetik/Parfüm, Kleidung, Schuhe und Elektrogeräte), wird keines besonders intensiv im Warenhaus gekauft. So geben beispielsweise 5 Prozent der Personen, die Kochzubehör gekauft haben, an, das jüngste neu gekaufte Produkt dieser Kategorie im Warenhaus erworben zu haben. Bei Schuhen liegt der entsprechende Anteil bei 8 Prozent. Auch der Warenhaus-Webshop spielt nur eine sehr kleine Rolle.

Bei der Frage nach den Gründen, weshalb ein Produkt über den jeweiligen Einkaufskanal erworben wurde, spielt der Preis die wichtigste Rolle. 56 Prozent der Befragten geben an, dass der Preis beim Kauf entscheidend war. Ebenfalls häufig genannt wurde die Verfügbarkeit des Produkts (33 Prozent) und ein bequemer Kauf (31 Prozent). Weniger wichtig für die untersuchten Produkte ist die Möglichkeit, das Produkt auszuprobieren (15 Prozent) und eine kompetente Beratung (10 Prozent).

Warenhäuser stehen bei klassischen Warenhaus-Produkten also im starken Wettbewerb. Und derzeit stehen sie in diesem Wettbewerb nicht gut da. Das liegt auch an den Faktoren, die die Kaufentscheidung beeinflussen. Klassische Stärken stationärer Häuser wie Beratung oder die Möglichkeit, Produkte anzufassen, sind nur selten kaufentscheidend. 

Probleme des Warenhauses

Unter den in der Studie abgefragten Einkaufskanälen, bei denen sich Verbraucher über klassische Warenhaus-Produkte informieren, wird das Warenhaus bzw. dessen Online-Auftritt am seltensten genannt. Nur 19 bzw. 22 Prozent der Verbraucher schauen dort mind. einmal monatlich vorbei. Jedoch: Wer sich im Warenhaus informiert, vollzieht dort auch meistens den Kauf. 22 Prozent der Befragten informieren sich dort regelmäßig, 18 Prozent kaufen auch regelmäßig ein.

Personen, die nicht im Warenhaus einkaufen, tun dies vor allem aufgrund der schlechten Erreichbarkeit (49 Prozent). Weitere rationale Gründe, die einem Warenhausbesuch entgegenstehen, liegen im als zu hoch empfundenen Preis (26 Prozent), im zu kleinen Sortiment (14 Prozent) und im schlechten Service (8 Prozent). Auch emotionale Gründe spielen eine Rolle. 31 Prozent der Verbraucher macht das Warenhaus „keinen Spaß“, 28 Prozent ist es dort zu unruhig.

Deutliche Probleme zeigen sich beim Vergleich verschiedener Einkaufskanäle: Aus Verbrauchersicht ist der Handel klar aufgeteilt in große Onlineshops einerseits und Fachgeschäfte andererseits. Erstgenannte punkten durch ein gutes Preis-Leistungsverhältnis und ein gut strukturiertes Sortiment („alles auf einen Blick“). Fachgeschäfte sind vertrauenswürdig, bieten hohe Qualität, gute Beratung und guten Service. Das Warenhaus hat in keiner dieser Dimensionen hohe Werte. Es sieht so aus, als hätte dieser Einkaufskanal kein wahrnehmbares Profil.

Fazit: Im Warenhaus wird selten gezielt nach Produkten gesucht. Unter allen in der Studie betrachteten Einkaufskanälen nimmt es in Bezug auf die Informationsquelle den letzten Platz ein. Es liegt als Informationsort sogar hinter Discountern, die Waren wie Kochzubehör oder Kleidung nicht zwingend dauerhaft im Sortiment führen. Mit anderen Worten: Das Warenhaus ist bei den in der Studie untersuchten Produktkategorien offenbar nicht im Relevant Set der Verbraucher. Das liegt vermutlich auch an der Tatsache, dass das Warenhaus im Vergleich zu anderen Einkaufskanälen über kein klares Profil verfügt. Online steht für Auswahl, Übersicht und günstige Preise, der Fachhandel für Qualität und Service. Das Warenhaus wird von Verbrauchern dagegen mit keinem Attribut in Verbindung gebracht.

Potenzial des Warenhauses

Jüngere Konsumenten zwischen 16 und 29 Jahren informieren sich nicht nur häufiger im Warenhaus als ältere, sie kaufen dort auch sehr viel häufiger ein. 35 Prozent der Jungen informieren sich mindestens einmal monatlich im Warenhaus vor Ort, und 31 Prozent kaufen dort auch etwas. Von den 50- bis 69-Jährigen informieren sich nur 15 Prozent regelmäßig dort, und nur 10 Prozent kaufen ein. Bei der Nutzung der Warenhaus-Webseite zeichnet sich ein ähnliches Muster ab. Das zeigt das Potenzial des Warenhauses, jedenfalls dann, wenn die Jüngeren dem Warenhaus als Kunden die Treue halten. Und später, mit größeren finanziellen Möglichkeiten, auch weiterhin im Warenhaus einkaufen.

Das Warenhaus weckt außerdem abstrakt positive Emotionen bei Verbrauchern. Für 81 Prozent gehört das Warenhaus auch heute noch zu einer Innenstadt dazu, fast ebenso viele verbinden sie mit Erinnerungen an die Kindheit und mit Tradition. Eine Mehrheit bezeichnet das Warenhaus als Ort zum Verweilen und Wohlfühlen, der ein besonderes Erlebnis bietet. Zwar ist das Warenhaus nur für eine knappe Minderheit unverzichtbar, mit 53 Prozent ist aber eine Mehrheit der Verbraucher der Meinung, dass der Staat sich auch finanziell um den Erhalt von Warenhäusern kümmern soll. Auf diese positiv emotionale Basis könnten Warenhausbetreiber aufbauen.

Zukunft mit Warenhaus?

Wie würden Verbraucher ein Warenhaus planen? Groß und spektakulär soll es sein (9 Prozent), modern und innovativ wirken (5 Prozent), auch Gastronomie (6 Prozent) darf nicht fehlen. Beim Sortiment würden die Befragten insbesondere auf eine große Auswahl (11 Prozent) setzen, zudem ist vielen die Nachhaltigkeit ein Anliegen (5 Prozent). Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass die Verbraucher mit den Fassaden, die Warenhäuser heute auszeichnen, nicht immer etwas anfangen können. Betreiber sollten die Bedeutung des äußeren Erscheinungsbilds nicht unterschätzen. 

Falls es aufgrund von Geschäftsschließungen von Warenhausbetreibern zu Leerstand kommt, sollte das Gebäude weiterhin für den Handel genutzt werden. Das wünscht sich eine relative Mehrheit der Verbraucher in Deutschland (24 Prozent). Fast ebenso viele können sich aber auch vorstellen, dass die Grundstücke für Wohnraum genutzt werden (23 Prozent). Diese Erkenntnis bestätigt nochmal den Wunsch der Verbraucher, wonach die Innenstadt primär ein Ort zum Leben, aber auch zum Einkaufen sein sollte. Auch das spricht für das immer noch vorhandene Potenzial des Modells Warenhaus. Den unbedingten Erhalt, auch durch Steuermittel, fordert ein Anteil von 12 Prozent.

Key Insights

  • Der Staat bzw. die Kommune, könnte die Erreichbarkeit von Warenhäusern verbessern, etwa durch den gezielten Ausbau von ÖPNV-Angeboten. Und damit das Hindernis bearbeiten, das am häufigsten von Personen genannt wird,
    die nicht im Warenhaus kaufen. 

  • Betreiber von Warenhäusern sollten besser in die Sichtbarkeit und das Image ihrer Marken investieren. Aktuell hat das Warenhaus kein wahrnehmbares Profil. Auch ist es nicht im Relevant Set bei Produktkategorien, die dort typischerweise erhältlich sind.

  • Außerdem sollten Betreiber von Warenhäusern ihre Omnichannel-Strategien konsequent weiterentwickeln. Eine stärkere Verknüpfung von Online und Offline durch moderne Webshops, digitale Services und nahtlose Einkaufserlebnisse bietet eine große Chance, das Warenhaus als relevanten Einkaufskanal zukunftssicher zu machen.

  • Konsumenten sind mehrheitlich immer noch pro große Einkaufsmöglichkeit im Innenstadtbereich. Sie wünschen sich, dass sich das Warenhaus in eine Art Erlebnisraum mit Shops entwickelt. Das Gebäude soll spektakulär sein, und neben Gastronomie auch ein vielfältiges Sortiment und nachhaltige Produkte umfassen. 


Studie und Fragebogen wurden vom Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) konzipiert. Erhoben wurden die Daten über NIQ/GfK in Online Access Panels. Dafür wurden 2.001 Personen im Alter von 16-69 Jahren befragt, die die deutschsprachige Bevölkerung repräsentieren. Die Befragung wurde im Zeitraum 16.07.2024 bis 14.08.2024 durchgeführt.

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