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Von der Gasheizung zur Wärmepumpe. Wie Verbraucher über Heizungen denken (NIMpulse 9)
DownloadNürnberg Institut für Marktentscheidungen (2024). Von der Gasheizung zur Wärmepumpe. Wie Verbraucher über die Heizung denken. NIMpulse 9.
2024
Florian Ritter
Von der Gasheizung zur Wärmepumpe
Der Heizungssektor befindet sich im Wandel. Als Teil der deutschen Bestrebungen hin zur CO2-Neutralität 2045 sollen Haushalte sukzessive weg von der Wärmeerzeugung mit fossilen Brennstoffen. Dafür sollte auch das 2023 aktualisierte Gebäudeenergiegesetz sorgen. Aber der Wandel stockt, die Verkaufszahlen von Wärmepumpen sind 2024 deutlich zurückgegangen, die Technologie wird zunehmend kontrovers diskutiert. Gleichzeitig werden weiterhin große Zahlen fossiler Gas-Heizungsanlagen verbaut. Diese Entwicklung wird mit der schlechten wirtschaftlichen Lage sowie mit einer großen Verunsicherung der deutschen Immobilienbesitzer erklärt.
Mit der vorliegenden Studie möchten wir die Perspektive der Verbraucher in die Debatte einbringen. Wann planen Immobilienbesitzer den nächsten Heizungstausch, welche Heizung wird bevorzugt? Wie zufrieden sind Wärmepumpenbesitzer, und wo liegen die Hürden für den Kauf?
Die Main Results:
- Heizungsanlagen in Deutschland: Die Mehrheit der Immobilieneigentümer heizt mit Gas oder Öl. Fast die Hälfte der Heizungen in Privathäusern sind 11 Jahre oder älter.
- Kaum Heizungswechsel: Nur eine Minderheit der Immobilieneigentümer plant derzeit, die Heizung demnächst auszutauschen. Viele wollen eine funktionierende Heizung nicht austauschen. Auch Unsicherheiten spielen hier eine Rolle.
- Wunschheizung: Wer seine Heizung wechseln möchte, bevorzugt den Umstieg auf klimafreundliche Systeme. Der Grund dafür liegt vor allem im Klima- und Umweltschutz.
- Die Haltung zur Wärmepumpe: Wärmepumpen sind derzeit der gefragteste Heizungstyp. Ihrem Einbau stehen aus Verbrauchersicht aber vor allem Sorgen
vor hohen Kosten sowie Zweifel an der Klimafreundlichkeit im Wege. - Heizungsanlage und Mieter: Für Personen, die auf der Suche nach einer Mietwohnung sind, spielt die Heizungsanlage eine untergeordnete Rolle.
Heizungsanlagen in Deutschland
Etwa zwei Drittel der Immobilienbesitzer in Deutschland heizen mit Gas- oder Ölheizungen, wobei der Gasheizung mit fast 50 Prozent der Löwenanteil zufällt.
Auf Platz 3 folgt die Wärmepumpe – 11 Prozent der Immobilienbesitzer nutzt derzeit ein solches Heizsystem.
Die weiteren am Markt erhältlichen Heizungssysteme sind nicht weit verbreitet. Fern- und Erdwärme (6 bzw. 2 Prozent) sowie Holz- oder Pelletheizungen (6 Prozent) kommen aktuell vergleichsweise selten zum Einsatz.
Kaum Heizungswechsel
Bei der Frage nach Plänen zum nächsten Heizungswechsel zeigt sich, wie wenig Bewegung aktuell auf dem Heizungsmarkt herrscht: Rund zwei Drittel der Immobilieneigentümer beschäftigt sich aktuell überhaupt nicht mit dem Thema Heizungskauf.
Entweder, weil ein Kauf nur beim Defekt der bestehenden Anlage infrage kommt (32 Prozent), oder weil man sich mit dem Thema (noch) nicht auseinandergesetzt hat (33 Prozent). Nur 14 Prozent planen innerhalb der nächsten 5 Jahre einen Tausch.
Analysiert man die Anschaffungsplanung nach dem Alter der genutzten Heizungen zeigt sich, dass auch Besitzer besonders alter Geräte nur in seltenen Fällen einen baldigen Tausch planen. Auch Besitzer von Heizungen im Alter von 21 Jahren oder älter haben derzeit mehrheitlich entweder Wechselpläne (30 Prozent) oder planen nur im Falle eines Defekts (36 Prozent).
Diese Zahlen machen deutlich, dass derzeit und auf Sicht wenig Dynamik im Heizungsmarkt zu erwarten ist. Die Gründe dafür liegen vor allem in der Haltung, funktionierende Heizungen nicht auszutauschen. Auch Unsicherheiten spielen eine große Rolle. Besonders ins Gewicht fallen hier staatliche Maßnahmen wie Gesetzesänderungen oder Fördergelder. Unsicherheiten wie diese wirken sich vermutlich vor allem auf solche Personen aus, die prinzipiell offen für einen Wechsel sind.
Wunschheizung
Immobilieneigentümer, die innerhalb der nächsten fünf Jahre einen Heizungstausch planen, würden am häufigsten eine Wärmepumpe als Heizung einbauen (36 Prozent).
Gas-Heizungsanlagen bleiben auch in dieser Gruppe relativ beliebt und landen auf Platz 2 der am häufigsten gewünschten Typen. Allerdings ist der Abstand auf Wärmepumpen groß. Auf Fernwärmeanschlüsse setzen in den nächsten fünf Jahren nur wenige Immobilieneigentümer.
Motiviert werden die Wechselwilligen vor allem vom Klima- und Umweltschutz. Die Aussicht auf Förderangebote spielt zwar eine wichtige, aber nicht die entscheidende Rolle. Fraglich ist demnach, ob die aktuelle Förderkulisse vor diesem Hintergrund noch aufrecht erhalten werden sollte. Womöglich wäre zu überlegen, öffentliche Fördergelder für den Umstieg auf klimaschonende Heizungstechnologien auf Personen zu konzentrieren, die nicht selbst über die für einen Wechsel notwendigen Mittel verfügen.
Die Haltung zu Wärmepumpen
Müssten die Befragten sich aktuell für eine neue Heizung entscheiden, wäre die Wärmepumpe mit Abstand die beliebteste Wahl (29 Prozent). Insgesamt würden allerdings weniger als die Hälfte der Befragten eine klimafreundliche Heizungsoption wählen.
Immerhin 17 Prozent würden derzeit am ehesten eine Gasheizung einbauen, die Ölheizung scheint zukünftig keine große Rolle mehr zu spielen (4 Prozent). Auch Fernwärme (8 Prozent) wird derzeit nicht häufig gewünscht.
Würde man die Verbraucher unter Heizungstypen wählen lassen, wenn Anschaffungs- und Sanierungskosten keine Rolle spielen würden – etwa durch Förderprogramme – so steigt der Anteil der klimafreundlichen Heizungen auf knapp über 50 Prozent. Insbesondere Erdwärme wird dann populärer. Allerdings könnte sich selbst unter diesen Bedingungen knapp jeder fünfte Befragte nicht für einen Heizungstyp entscheiden. Die Popularität der Wärmepumpe verändert sich in diesem hypothetischen Szenario nur minimal.
Wer aktuell keine Wärmepumpe wählen würde, sieht die Hürden dafür vor allem in hohen Anschaffungskosten (46 Prozent). Auch die Erwartung hoher Betriebs- und Sanierungskosten (jeweils 28 Prozent) wird häufig vorgebracht, ebenso Zweifel an der Leistungsfähigkeit (30 Prozent). Themen wie Lärmbelästigung und fehlende Verfügbarkeit spielen eine untergeordnete Rolle. Mit 19 Prozent zweifelt ein nicht unerheblicher Teil der Immobilienbesitzer an der Umweltfreundlichkeit der Technologie.
Wärmepumpenbesitzer weisen die mit Abstand höchste Heizungstreue auf. 75 Prozent der Wärmepumpenbesitzer würden beim nächsten Heizungstausch erneut eine Wärmepumpe einbauen. Vergleichsweise hoch ist die Heizungstreue auch bei Elektroheizungen, Fernwärme und Holz- bzw. Pelletheizungen.
Deutlich niedriger liegt die Heizungstreue bei Gas- und Ölheizungen, bei letzterer würden sogar nur noch 15 Prozent erneut diesen Heizungstyp wählen.
Heizungsanlage und Mieter
Bei der Suche nach einer Wohnung berücksichtigen Mieter eine Reihe von Faktoren, darunter auch die Art der Heizung. Die Heizungsart wird aber deutlich weniger hoch gewichtet als andere Faktoren wie Preis, Zustand, Lage oder Größe der Immobilie.
Der Faktor Energieeffizienz, der auch mit der Art der Heizung zusammenhängt, wird von Mietern bei der Immobiliensuche etwas höher gewichtet als die Heizung, ist im Vergleich zu den genannten Top-Faktoren aber immer noch vergleichsweise unwichtig.
Key Insights
Um die Wärmewende in Deutschland zu fördern,
- kann der Staat die bestehenden Förderprogramme ausbauen, bestenfalls gezielt und mit Blick auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eigentümer. Außerdem sollten die Rahmenbedingungen glaubhaft und langfristig stabil bleiben, um die Planungs- und Kaufbereitschaft der Konsumenten zu fördern.
- brauchen Konsumenten mehr Informationen über Preisentwicklungen, Umweltbilanz der Heizungen sowie über den Zustand ihrer Immobilie. Dafür könnte auch der Kontakt zu professionellen Energieberatern erleichtert werden.
- sollten Hersteller und Handel mehr auf Erfahrbarkeit setzen, um Vorurteilen gegen Wärmepumpen zu begegnen. Showrooms oder Vor-Ort-Termine in Immobilien mit Wärmepumpe können es leichter machen, Sorgen über Heizeffizienz oder Lärmbelästigung zu begegnen.
- wären Konsumenten mit alten Heizungen gut beraten, rechtzeitig mit den Planungen zum nächsten Heizungstausch zu beginnen. Eine gute Entscheidung muss wohl überlegt sein und braucht Zeit. Eine defekte Heizung im Winter kann den Entscheidungsdruck und damit die Möglichkeit einer Fehlentscheidung unnötig erhöhen.
Autorinnen und Autoren
- Dr. Michael K. Zürn, Senior Researcher, NIM, michael.zuern@nim.org
- Florian Ritter, Research Communication Specialist, NIM, florian.ritter@nim.org
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